(Berufs-) Standards für Datenvisualisierung?

Seit meinem ersten Blogbeitrag hier ist doch schon eine geraume Zeit ins Land gezogen. Leider vor allem auch seit dem Letzen. Letzteres soll sich wieder ändern. Und beides ist Grund genug um sich kurz der Entwicklung und vor allem Professionalisierung der Datenvisualisierung zu widmen. Inzwischen ist die Datenvisualisierung doch um ein Eck bekannter und präsenter. Doch wie steht es um Berufsstandards in der nicht mehr ganz so jungen Disziplin?

Über diese Frage bin ich auf Stepanie Evergreens Blog gestolpert. Und eine kurze Suche im Netz reicht aus um festzustellen, dass diese Frage bisher kaum bis gar nicht reflektiert wurde/wird. So finden sich zwar massig Treffer zu „Standards“ im DataVis-Bereich. Diese thematisieren aber praktisch ausschließlich folgenden zwei Aspekte: ethische Standards und grafische Standards bzw. Prinzipien. Über Berufsstandards habe ich nichts gefunden – außer dem erwähnten Beitrag von Stephanie Evergreen.

Sie stellt als Diskussionsgrundlage folgende drei Berufsstandards zur Diskussion:

  1. Arbeit für angemessene Bezahlung
  2. Entwicklung eigener Materialien – und Zitierung von Quellen/Inspiration
  3. Respektieren der Würde jener, welche „hinter den Daten stehen“

Ich finde den Ansatz sehr gut. Auch wenn es auch die eine oder andere kritische Stimme in den Kommentaren zum Artikel gibt. Interessant auch, dass sich diese Forderungen relativ ähnlich lesen wie der GIS Code of Ethics.

Der erste Standard trifft natürlich nicht nur auf DatenjournalistInnen zu, sondern wahrscheinlich auf den Großteil aller JournalistInnen (zumindest im deutschsprachigen Raum). Und es wird sicher noch dauern bis die Komplexität der Arbeit im, sowie das Potential von Datenjournalismus flächendecken erkannt und honoriert wird.

Den zweiten Punkt finde ich persönlich herausfordernd. Ja, das Ziel muss/sollte sein, dass eigene Datenvisualisierungen entwickelt werden. Aber einerseits lässt sich weder das Rad jedes Mal neu erfinden, noch wäre es zielführend. Wobei ich hierbei vor allem aus journalistischer Perspektive an „Standardvisualisierungen“ zur Unterstützung von Stories denke – und weniger aus Sicht der Entwicklung von (neuen) Datenvisualisierungen. Und bei so einer, in eine Story eingebetteten, Grafik interessiert die LeserInnen vermutlich eher die Datenquelle als der Hinweis „Idee und Teile des Codes von X„.

Vor allem aber lebt der Datenjournalismus auch vom Austausch und der Wiederverwertbarkeit. So meinte der Financial Times Datenjournalist John Burn-Murdoch in diesem Interview etwa:

But I think there are big advantages in terms of collaboration: digital journalism as a whole, and especially it seems anything where data analysis and web development are involved, seems to be inherently very collaborative. The whole concept of open source is about riffing on other people’s work, taking something someone else has done and adding to it. That collaborative spirit is a massive help. Without it, we wouldn’t move along as quickly.

Die Grenzen hier wird vermutlich eine etwas unscharfe sein. So wie in der Forschung die absoluten Grundlagen nicht (unbedingt) zitiert und belegt werden müssen, sondern als gegeben betrachtet werden können. So ist es meiner Meinung nach auch im DataVis nicht sinnvoll simple Standardgrafiken mit so einem Hinweis zu versehen. Und wie ist es bei einer aufwändigeren Grafik, in der Code-Snippets von zig Quellen enthalten sind? Interessant wäre vor allem auch die Stelle für die Angabe der Code-Quelle(n). Sollten diese im Quellcode als Kommentar vermerkt werden, oder als -für alle LeserInnen- sichtbarer Hinweis neben der Grafik selbst?

Der dritte von Stephanie Evergreen angeführte Punkt fällt meiner Meinung nach bereits unter ethische Standards. Es sollte sich von selbst verstehen, dass (Daten)journalismus die Quellen schützt, die Würde von Menschen achtet und vor allem Fakten nicht verzerrt oder pseudo-objektiv darstellt (Stichworte Privacy und Datenschutz). Ich sehe vor allem die korrekte Darstellung und Interpretation als große Herausforderung im Datenjournalismus. Denn um Daten, Statistiken und Umfragen korrekt zu interpretieren bedarf es eines (halbwegs) soliden Vorwissens. Aber mehr dazu in einem der folgenden Beiträge.

Hinweis:
Das Beitragsbild wurde dankenswerter Weise von Kate Bunker unter CC-Lizenz zur Verfügung gestellt.

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